Altreformierte Kirche Wilsum
 

Planung eines Schutzkonzeptes für die Kirchengemeinde Wilsum


Vorbemerkungen

Mehr als 40% der Kinder und Jugendlichen in Deutschland werden körperlich und/oder emotional vernachlässigt. Sie sind anfälliger u.a. für sexuelle Übergriffe durch Erwachsene. Bei dem breiten Spektrum von Misshandlungen gewinnen auch die Grenzüberschreitungen innerhalb der eigenen Altersgruppe an Bedeutung.

Notwendig und gesetzlich nach § 8a (4) des SGB VIII geregelt ist deshalb u.a. für Kindertagesstätten, Schulen, Jugendeinrichtungen, Vereine und auch Kirchengemeinden, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, ein Schutzkonzept als Notfallplan, um Gewalt (insbesondere sexualisierter Gewalt) vorzubeugen, sie ggf. zu verhindern bzw. Kindern und Jugendlichen die Möglichkeiten zu geben, sich in solchen Fällen an Vertrauenspersonen zu wenden. Dies schließt Präventions- maßnahmen ein.


Verantwortlich für ein Konzept und entsprechende Maßnahmen ist der Kirchenrat, der die Details vier Personen als Leitung (Linda Ensink, Hannes Klompmaker, Linda Platje, Sylvia van Anlken) und zwei Personen als Vertrauenspersonen (Helge Boll, Gaby Jakobs) übertragen hat. Sie wurden für ihre Aufgaben von Jenny Verwolt (Beratungsstelle Hobbit) gemeinsam mit Vertretern anderer Kirchengemeinden geschult.

Formular zur freiwilligen Mitwirkung:



Risikoanalyse
(Verantwortlich Leitungsgremium)

Gruppen, die beim Schutzkonzept zu berücksichtigen sind:
• Konfirmanden (11-18 jährige)
• Kindergottesdienst
• Jungschar
• Jugend-Freizeiten/Übernachtungen
• übergemeindliche (Gruppen-) Veranstaltungen z.B. vom Jugendbund

          

Genutzte Räumlichkeiten
• Kirchenraum
• Gemeindehaus
• Außengelände
Alle Bereiche sind einsehbar oder gut beleuchtet oder entsprechend gesichert.


Zugangsmöglichkeiten durch
• MitarbeiterInnen (MA)
• Besucher
Kontrollen finden nicht statt; Eingrenzungen sind nicht erforderlich. „Fremde“ müssen angesprochen werden!




Leitbild für das Schutzkonzept
(Verantwortlich Leitungsgremium)

Wir als Kirchengemeinde wollen eine einladende Gemeinde für alle Generatio-nen sein; Kinder und Jugendliche sind ein wichtiger Teil unserer Gemeinde!

                             

Besonders ihnen möchten wir einen geschützten Raum bieten, in dem sie Er-fahrungen mit dem Glauben machen, Gemeinschaft erleben und sich individuell entwickeln können. Kinder und Jugendliche entscheiden selbst, ob und in welcher Form sie die An-gebote der Kirchengemeinde annehmen (wollen).


Besondere Beachtung finden Mitbestimmung und Mitverantwortung sowie die Möglichkeit der Mitgestaltung durch die Kinder- und Jugendarbeit unserer Gemeinde.
Unsere Kommunikation orientiert sich dabei an Transparenz und Partizipation. MA, Kinder, Jugendliche und Eltern werden einbezogen.


Wir sind uns der Verantwortung bewusst und tragen Sorge, dass Kinder und Ju-gendliche in unserer Gemeinde umfassend und bestmöglich vor Übergriffen bei jeder Art von Gewalt (körperlich, sexualisiert, psychisch, strukturell, pädagogisch) geschützt werden.
Wir überprüfen unsere gelebte Haltung in der Umsetzung unseres Schutzkonzepts in Gesprächen untereinander sowie mit Eltern und Kindern.


Es liegt in unserem Interesse, Kindern und Jugendlichen einen sicheren Ort und Raum zu bieten und Hilfe und Unterstützung zu leisten.                      


In den Räumlichkeiten unserer Gemeinde werden keine Gewalt fördernden (Computer-) Spiele gespielt.


Die Aufsicht über die haupt- und ehrenamtlichen MA liegt beim Kirchenrat und beim Leitungsgremium.
Weiterbildungsangebote zum Thema werden nahegelegt und durch die Gemeinde unterstützt.



Partizipation von Kindern und Jugendlichen

Wir beteiligen Kinder und Jugendliche im Rahmen ihrer Möglichkeiten an Gestaltung von Angeboten ebenso wie an deren Reflexion.

                 

Wir nehmen Kinder und Jugendliche ernst und haben ein offenes Ohr für ihre Anliegen. Vertrauensvolle Gespräche führen wir in Absprache in einem „gesicherten“ Umfeld und nehmen uns Zeit dafür.


Regeln werden in den Gruppen besprochen, gemeinsam erstellt und ggf. überprüft.



Verantwortung für Mitarbeitende
(Verantwortlich Leitung)

Das Schutzkonzept kann nur wirken, wenn die MA dessen Anliegen verinnerlichen.
Bei der „Anwerbung“ von MA wird im Rahmen der Selbstverpflichtung auf die Bedeutung der Prävention und des Schutzkonzeptes hingewiesen.

                                 

Alle MA haben vor Beginn ihrer Tätigkeit ein erweitertes Führungszeugnis vor-zulegen. Dies wird dokumentiert und muss alle 5 Jahre erneut vorgelegt wer-den. Dies wird durch die Leitung festgehalten.
Da negative Einträge in Führungszeugnisse erst nach einer Verurteilung erfolgen, müssen Mitarbeitende eine Selbstauskunft vorlegen, dass keine diesbezüglichen Verfahren gegen sie bestehen.


Der Umgang mit „Grenzsituationen“ kann durch eine „Verhaltensampel“ geregelt werden, die bei Bedarf modifizierbar ist. Aufgabe der Leitung und der Vertrauenspersonen ist es, bei ungerechtfertigtem Verdacht gegen MA und „Gerüchten“, Sachverhalte mit allen Betroffenen zu prüfen und Klärungen bzw. Richtigstellungen vorzunehmen.


Alle MA erhalten eine (Basis-) Präventionsschulung gegen (sexualisierte) Gewalt. Sie wird dokumentiert.


Der Schutz personenbezogener Daten ist besonders zu beachten.



Reaktionen nach Vorfällen
(verantwortlich Leitung und Vertrauenspersonen)

Jede Form der Kindeswohlgefährdung ist ein Notfall. Formen sind z.B. seelische und körperliche Misshandlung, Vernachlässigung, sexueller Missbrauch, häus-liche Gewalt. Wir bieten den Kindern und Jugendlichen im Rahmen dieses Konzeptes Beratungs- und Unterstützungsmöglichkeiten sowie Schutz an.

                              

Ablauf des Notfallplans
• Keine direkte Konfrontation der Täter mit der Vermutung.
• Keine eigenen Ermittlungen zum Tathergang.
• Keine eigenen Befragungen durchführen.
• Keine Information an die vermutlichen Täter.
• Keine Konfrontation der Eltern des vermutlichen Opfers mit dem Sachverhalt/der Vermutung.


Ablauf des Meldeschemas (MA und Vertrauenspersonen):
• Ruhe bewahren! Nichts überstürzen, kein voreiliges Handeln.
• Zuhören, Glauben schenken und ernstnehmen.
• Überlegung, worauf sich Vermutung begründet.
• Verhalten des betroffenen Kindes beobachten und mit Datum und Uhrzeit dokumentieren.
• Eigene Grenzen und Möglichkeiten erkennen und akzeptieren; nichts versprechen, was nicht gehalten werden kann.
• Sich selbst Hilfe holen z.B. bei Hauptamtlichen.
• Im Team besprechen, ob Wahrnehmung geteilt wird.
• Zum Schutz aller Beteiligten keine Öffentlichkeit herstellen!
• Ungute Gefühle zur Sprache bringen und nächste Handlungsschritte festlegen.
• Information der Vorgesetzten/Leitung.
• Mit geschulten Fachkräften Kontakt aufnehmen und Abgabe an Fachkräfte.
• Bei Gewalt unter K/J sprechen die MA mit dem betroffenem K und den übergriffigen K/J. Mitteilen, dass Verhalten nicht geduldet wird (weiteres Vorgehen: Entscheidung im Einzelfall).



Beschwerdeverfahren
(verantwortlich Vertrauenspersonen)

Verhalten bei Beschwerden
Beschwerden sind als konstruktive Kritik erwünscht.
Sie geben allen Beteiligten einen festgelegten Rahmen, Probleme unter Wahrung der Vertraulichkeit anzusprechen.

          

Ablauf des Beschwerdeverfahrens



VERHALTENSAMPEL
Hinweise für die Zusammenarbeit mit Kindern und Jugendlichen

GRENZ-ÜBERTRITTE

GRENZ-VERLETZUNGEN

FACHLICH KORREKTES VERHALTEN

Dieses Verhalten ist immer falsch und pädagogisch nicht zu rechtfertigen.
Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf Schutz und Sicherheit!
Wir werden solches Verhalten sofort unterbinden!

Körperliche Grenzübertritte
z.B. anspucken, schütteln, schlagen, schubsen, fixieren, ungefragt auf den Schoß nehmen, verletzten, kneifen, am Arm zerren

Sexuelle Grenzübertritte
z.B. Intimbereich berühren, nicht-altersgerechter Körperkontakt, Kinder küssen

Psychische Grenzübertritte
z.B. Angst machen, bedrohen, erpressen, vorführen oder bloßstellen, lächerlich machen, beleidigen, einsperren, diskriminieren, ausschließen, ignorieren, abwertend über Kinder oder Familie reden

Verletzung der Privat- und Intimsphäre
z.B. ungewolltes Umziehen vor anderen, ausschließlich offene Toilettentüren, Fotos ohne Zustimmung ins Internet stellen

Pädagogisches Fehlverhalten
z.B. Strafen, bewusste Verletzung der Aufsichtspflicht, nicht altersgerechte Filme (FSK-Altersempfehlung)

Grenzverletzungen geschehen unabsichtlich und häufig unbewusst. Diese Verhaltensformen sind pädagogisch kritisch und für die Entwicklung von Kindern nicht förderlich, jedoch können sie sich in der Praxis ereignen.
Kinder und Jugendliche haben ein Recht, sich zu wehren und Klärung zu fordern! Wir wünschen uns auf solche Vorkommnisse hingewiesen zu werden, damit wir aus Fehlern lernen können. Fehler diskutieren wir ohne persönliche Vorwürfe. Wir versuchen die Bedingungen, die Fehler begünstigen, zu verstehen und zu ändern.

Grenzverletzungen im Kommunikationsverhalten
z.B. ständig nicht ausreden lassen, negative Seiten des Kindes hervorheben, rumschreien, anschnauzen, auslachen, ironische Sprüche

Grenzverletzung der Privat- und Intimsphäre
z.B. Intimität des Toilettengangs nicht wahren, bei Freizeiten ohne Anklopfen (sich bemerkbar machen) Schlafräume betreten

Grenzverletzungen im Beziehungsverhalten
z.B. sich nicht an Verabredungen halten, lügen, Wut an Kindern auslassen, weitermachen, wenn ein Kind „Stopp“ sagt, Regeln willkürlich ändern, sich immer wieder nur mit bestimmten Kindern zurückziehen

Pädagogisches Fehlverhalten
z.B. Kinder überfordern oder unterfordern, ständiges Loben und Belohnen, Regellosigkeit, autoritäres Auftreten

Dieses Verhalten ist pädagogisch richtig, muss den Kindern aber nicht immer gefallen.
Kinder und Jugendliche haben das Recht, Erklärungen zu bekommen und ihre Meinung zu äußern! Wir nehmen uns die Zeit, unsere Regeln und unser fachliches Vorgehen in verständlicher Form und wiederholt zu erklären.

Grundwerte
z.B. Wertschätzung, Ehrlichkeit, Transparenz, Unvoreingenommenheit, Selbstreflexion, Empathie

Grenzen setzen
z.B. konsequent sein, Grenzen aufzeigen, Regeln selbst einhalten,

Bestärken
z.B. sich gegenseitig wertschätzen, aufmerksam zuhören, vermitteln

Hilfe zur Selbsthilfe
z.B. altersgerechte Anleitung und Unterstützung (An- und Ausziehen, Körperpflege, Essen)

Emotionale Nähe
z.B. Gefühlen Raum geben, Trauer zulassen, professionelle Distanz einhalten